Die Appetitgrenze beschreibt die individuell unterschiedliche Menge an Raufutter, die ein Pferd in 24 h aufnehmen kann, damit es physiologisch satt ist. Sie ist Basis für die Ermittlung des Rohfaserbedarfes eines Pferdes. Conny Röhm betont in Purzel speckt ab und Purzel speckt ab 2.0, dass Pferde trotz vergleichbarem Gewicht unterschiedlich viel Heu fressen können, ehe sie satt sind. Das hängt von Faktoren wie Rasse und Rumpfform ab. Lange Zeit ging man davon aus, dass die Anzahl der Kauschläge das Sättigungsgefühl beeinflusst. Diese These ist mittlerweile nur noch bedingt haltbar. Auch die in der Literatur beschriebenen Bedarfswerte für die tägliche Aufnahme von Trockenmasse von etwa 2% des aktuellen Pferdegewichts sind nur noch begrenzt gültig. Sie mögen für das Standardwarmblut gelten. Aber wer hat schon ein solches Standardpferd? Robust Rassen können locker bis zum Doppelten dieses Wertes aufnehmen.
Das Sättigungsgefühl von Pferden entsteht, wenn die Rezeptoren im Darm dem Gehirn signalisieren, dass der Darm ausreichend gefüllt ist. Das ist unabhängig von der Anzahl der Kauschläge. Solange der Darm nicht ausreichend gefüllt ist, ist das Pferd nicht satt. Es frisst also weiter – unabhängig davon, wieviel Zucker, Eiweiß oder Energie das Heu hat.
Wo liegen die Unterschiede?
Rundrumpfige Pferde mit vergleichbar kurzen Beinen, z.B. Nordpferdetypen, Haflinger, Fjordpferde oder schwere Kaltblüter, haben im Vergleich zum Gesamtgewicht einen größeren Verdauungstrakt. Sie haben also mehr Darmflora und eine höhere enzymatische Aktivität. Solche Pferde werden als „leichtfuttrig“ bezeichnet.
Schmalrumpfige, langbeinige Pferde haben einen deutlich kleineren Verdauungstrakt, sie werden also schneller satt, weil die Rezeptoren dem Gehirn viel früher anzeigen, dass der Darm ausreichend gefüllt ist. Bei Vollblütern kommt es also vor, dass diese trotz ad libitum Heufütterung eher unterernährt sind, weil sie schlicht satt sind, ehe der Erhaltungsbedarf an Energie und Eiweiß über die Heuaufnahme gedeckt ist. Solche Pferde werden als „schwerfuttrig“ bezeichnet.
Die Appetitgrenze ist entscheidend für die Bedarfsberechnung der Rohfaser. Pferde sind Dauerfuttersucher und benötigen kontinuierlich über den Tag verteilt Rohfaser, um Verdauung, Sättigung und Stoffwechsel stabil zu halten. Nimmt ein Pferd bei ad libitum Heufütterung durch eine hohe Appetitgrenze jedoch deutlich mehr Heu auf, als es energetisch benötigt, steigt das Risiko für Übergewicht und Folgeprobleme wie EMS oder Hufrehe. Umgekehrt können Pferde mit niedriger Appetitgrenze zu wenig Rohfaser aufnehmen, was sich negativ auf Verdauung und das Gewicht auswirkt.
Conny Röhm hat in Purzel speckt ab 2.0 auf Seite 86 eine Tabelle mit geschätzten Werten der Appetitgrenze in kg Heu pro Tag in Abhängigkeit von der Rumpfform veröffentlicht.
Opti-Ration 4.0 verwendet diese Werte, um die Appetitgrenze in kg Heu pro Tag deines Pferdes vorab zu berechnen. Diese dient dann als Grundlage der Bedarfsberechnung für Rohfaser. Wenn du die Appetitgrenze selbst ermittelt hast, kannst du diesen Wert überschreiben. Er ersetzt dann den vorab berechneten Wert als Bedarfsgrundlage für Rohfaser.
Beispiel: Dein Pferd würde 12 kg Heu am Tag fressen. Das Heu hat einen Rohfasergehalt von 29% in der Frischsubstanz. Dann läge die Appetitgrenze deines Pferdes bei 12 x 290 gr, also 3480 gr Rohfaser pro Tag.
Wenn dein Pferd normalgewichtig ist, ist alles fein. Ist es aber übergewichtig, dann bekäme es bei 12 kg Heu zwar ausreichend Rohfaser, um satt zu werden. Aber deutlich zu viel an Energie und Zucker, um abzunehmen.
3480 gr Rohfaser lassen sich jedoch auch gut durch ein „Strecken“ der Heuration von 2/3 Heu und 1/3 Stroh erreichen. Dann wird dein Pferd immer noch satt, die Energie- und Zuckeraufnahme ist jedoch dem angestrebten Sollgewicht entsprechend, und dein Pferd kann gesund abnehmen.
Bei Pferden auf Diät kann der Rohfaseranteil auch kurzfristig zwischen 75% und 90% des Bedarfes liegen, alles darunter über längere Zeit führt jedoch zu einem unzufriedenen, schlecht gelaunten Pferd. Das ist der Diät wenig zuträglich….
So ermittelst du die Appetitgrenze: In der Praxis wird die individuell mögliche Heuaufnahme gemessen, indem Pferden über mindestens 12, besser 24 Stunden lang vorab gewogenes Heu ad libitum angeboten und die dabei tatsächlich aufgenommene Menge ermittelt wird. Daraus ergibt sich ein Wert in kg Heu pro 100 kg Körpermasse, der als Basis für eine bedarfsgerechte Rationsgestaltung dient. Dies geht bei Offenstallhaltung jedoch nur dann, wenn das Pferd stressfrei separiert werden kann, weil die Trennung von der Herde und die ungewohnte Vereinzelung zu stressbedingt höherer Futteraufnahme führen kann.
Wenn du Silage fütterst, übernimm bitte die von Opti-Ration® berechneten Werte. Silage hat mehr Feuchtigkeit als Heu. Wenn du angibst, wie viel Silage am Tag dein Pferd fressen würde, wären die Werte zur Berechnung des Rohfaserbedarfes verfälscht.
Zusammenfassung:
Die Appetitgrenze beschreibt, wie viel Raufutter ein Pferd in 24 Stunden aufnehmen kann, bis es physiologisch satt ist. Sie variiert stark je nach Rasse und Rumpfform: Rundrumpfige Pferde mit großem Verdauungstrakt gelten als leichtfuttrig, schlanke, schmalrumpfige Pferde erreichen die Sättigung früher und sind eher schwerfuttrig. Entscheidend ist nicht die Anzahl der Kauschläge, sondern die Füllung des Darms.
Die Appetitgrenze ist entscheidend für die Bedarfsberechnung der Rohfaser.
Opti-Ration 4.0 verwendet die von Conny Röhm ermittelten Schätzwerte, um die Appetitgrenze in kg Heu pro Tag deines Pferdes vorab zu berechnen. Diese dient dann als Grundlage der Bedarfsberechnung für Rohfaser. Wenn du die Appetitgrenze selbst ermittelt hast (bitte nur mit Heu, nicht mit Silage), kannst du diesen Wert überschreiben. Er ersetzt dann den vorab berechneten Wert als Bedarfsgrundlage für Rohfaser.
